Agfa Family System

Vom Hoffnungsprojekt zum Pleitemacher

von Andreas Garitz

Das Agfa Family System aus dem Agfa Camera-Werk AG in München war ein riesiger Flop. Aufwendig hatte man sich eine neue Produktlinie ausgedacht, die aus einer Kamera mit Film- und zusätzlicher Fotofunktion und einem Projektor mit Foto- bzw. Standbildmodus und Fotodrucker bestand. Für ein Design am Plus der Zeit hatte Schlagheck Schultes Design gesorgt, ein Designbüro, dessen Werkstücke es später bis ins Museum of Modern Art in New York schafften. Das alles aber kam zu spät, denn die Zeit für Super 8 ging 1980 bereits unaufenthaltsam ihrem Ende entgegen.

Die Features, welche die formschöne Kamera und der futuristisch anmutende Projektor hatten, waren sowohl im Vergleich zur bis dato bereits vorhandenen Zelluloidfilm-Technik, als auch zu den auf dem Markt gerade neu aufgekommenen Videosystemen viel zu schlecht aufgestellt. Letztendlich führte das Family System zum Bankrott des Münchener Agfa-Camera-Werkes, auf dessen Betriebsgelände sich zu Anfang der 80er tausende von unverkäuflichen Exemplaren stapelten. Der Legende nach bis zum 12. Stock, so dass der Verantwortliche vergeblich versuchte, sich aus dem 14. Stock in den Tod zu stürzen.

Kamera

Agfa Family Kamera, Augsburger Gedönsmuseum, Inv.-Nr. K 1-12. Die Kamera hat einen Belichtungsmesser, aber kein Zoomobjektiv, was zu dieser Zeit technisch bereits eine erhebliche Einschränkung bedeutete.

Kamera, kopfüber stehend

Die orange Taste ist zum Fotografieren, die schwarze zum Filmen. Diese Technik war 1980 nicht neu, aber nicht sonderlich bekannt und wurde so von Agfa auf der Photokina 1980 als "Neuheit" angekündigt.

Kamera, geöffnet

Geöffnete Kamera mit eingelegter Kodak Super 8 Filmkassette. Die Filmgeschwindigkeit (18 fps) liess sich nicht variieren, die Belichtungszeit betrug immer 1/30 s, auch im Einzelbild-Modus (so dass die Aufnahmen leicht verwackelten). Die Bildqualität aber war vergleichsweise gut und der Bildstand einwandfrei.

Projektor, Frontansicht

Agfa Family Projektor, Augsburger Gedönsmuseum, Inv.-Nr. P 1-47. Der Projektor "Agfa Family p" konnte nicht wie sonst üblich auf eine Leinwand, sondern nur auf die eingebaute Mattscheibe (Monitor mit 8 x 10cm) projizieren. Später gab es dafür eine Vorsatzlupe, die das Bild auf 15,5 cm × 20,5 cm vergrößerte.

Projektor, Detail

Mit Einschalten des Projektors läuft der Motor, der Drehschalter setzt den Filmtransport in Gang. In Mittelstellung wird der manuell Film eingelegt, in Linksstellung wird zurückgespult.

Projektor, geöffnet

Links sieht man eine Fächerablage für sechs 15 Meter-Spulen. Der Schalter für den Timer hält den Filmtransport bei einem Foto (das bei der Aufnahme markiert worden sein musste) etwa 3-5 Sekunden an und setzt dann den Filmtransport fort. Mit der roten Taste kann man Standbilder betrachten, unabhängig von vorher für den Timer markierten Fotos. Die niedrige Leistung der Lampe erlaubte ein unbegrenzt langes Standbild, ohne den Film zu schmelzen. Mit einem seitlich ansetzbaren Sofortbild-Zusatz (ab Ende 1981) konnte man von den markierten Fotos Papierbilder anfertigen, allerdings war die Qualität sehr begrenzt.